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Erwerbsmäßige Betreuung von Jugendlichen: Pflegegelder sind keine steuerfreien Beihilfen

Öffentliche Mittel, die als Beihilfe zur Erziehung gezahlt werden, bleiben nach dem Einkommensteuergesetz steuerfrei. Wer als Pflegeperson ein Pflegekind in seinen Haushalt aufnimmt, kann das bezogene Pflegegeld für diese Kindervollzeitpflege daher steuerfrei vereinnahmen. In einem neuen Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt aber entschieden, dass die Steuerfreiheit für Pflegegelder nicht beansprucht werden kann, wenn die Betreuung in institutionalisierter und erwerbsmäßiger Form in einer Einrichtung stattfindet.

Geklagt hatte eine staatlich anerkannte Jugend- und Heimerzieherin, die sich in einem Kooperationsvertrag mit einem Jugendwerk zu einer Intensivbetreuung von mindestens vier bedürftigen Jugendlichen verpflichtet hatte. Ihre Tätigkeit als "ISE-Betreuungsstelle" ("Intensive Sozialpädagogische Betreuung") hatte sie mit mehreren Beschäftigten in einem ehemaligen Gasthof mit mehreren Wohnungen ausgeübt. Für die Betreuung der Jugendlichen hatte sie monatliche Honorare von mehr als 12.000 EUR erhalten. Ihr jährlicher Gewinn hatte sich in den Jahren 2014 bis 2017 auf 70.000 EUR bis 93.000 EUR belaufen.

Für die Streitjahre 2014 und 2015 begehrte die Erzieherin die Steuerfreistellung ihrer Einnahmen. Sie war der Auffassung, dass sie steuerfreie Beihilfen bezogen habe und argumentierte mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der eine Pflege von bis zu sechs Kindern nicht als erwerbsmäßig anzusehen ist. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass nur uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen unter die Steuerbefreiung gefasst werden könnten, nicht jedoch solche im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied in erster Instanz, dass die erzielten Vergütungen keine steuerfreien Beihilfen waren, sondern steuerpflichtige Vergütungen für eine unternehmerisch betriebene sozialpädagogische Tätigkeit. Bei der durchgeführten Betreuung handelte es sich um eine auf Dauer zur Erzielung von Einkünften angelegte entgeltliche Tätigkeit (Austauschgeschäft). Die Erzieherin hatte eine institutionalisierte Betreuung von Jugendlichen angeboten, die anderen gewerbsmäßigen Erziehungsstellen gleichkam. Ihre Tätigkeit ging über die bloße Aufnahme von Jugendlichen in den eigenen Haushalt weit hinaus. Der Grad ihrer institutionalisierten Professionalität ließ sich insbesondere an der Höhe ihrer Vergütungen ablesen und an dem Umstand, dass die Jugendlichen maßgeblich vom angestellten Personal mitbetreut worden waren.

Der BFH folgte dieser Einordnung und betonte, dass die Pflegegelder nicht der unmittelbaren Förderung der Erziehung gedient hätten. Die Jugendlichen wurden im Rahmen einer Heimunterbringung oder einer anderen Form des sonstigen betreuten Wohnens erwerbsmäßig betreut, so dass die Steuerbefreiung ausgeschlossen war.

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zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 05/2023)